Hydratation, Fließfähigkeit und Festigkeitsentwicklung von Portlandzement
Einfluss von Fließmitteln, Alkalisulfaten und des Abbindereglers
Rößler, Christiane
Abgeschlossene Promotion – F. A. Finger-Institut für Baustoffkunde – Fakultät Bauingenieurwesen, Bauhaus-Universität Weimar – Dissertation veröffentlicht im Logos Verlag Berlin, 2007, ISBN 978-3-8325-1490-7 – Tag der Disputation: 23.11.2006 – Gutachter: – Prof. Dr.-Ing. habil. Jochen Stark, Weimar – Prof. Dr. J. Plank, München – Prof. Dr. rer. nat. A. Wolter, Clausthal-Zellerfeld – Eine zielführende Anwendung von Zusatzmitteln bei der Ausführung anspruchsvoller Betonbauten setzt einen hohen Kenntnisstand bezüglich der Wirkungsmechanismen und Interaktionen der einzelnen Betonkomponenten voraus. In der vorliegenden Arbeit wurden einige Aspekte der Zementhydratation in Abhängigkeit von der Fließmittelzugabe diskutiert. – Ausgangspunkt der Untersuchungen ist die Tatsache, dass die verflüssigende Wirkung der Fließmittel stark abhängig ist von der Zementzusammensetzung. Ein grundlegendes Verständnis der verflüssigenden Wirkung der Fließmittel kann dabei nur erzielt werden, wenn folgende Faktoren bekannt sind: Aufbau und Wirkungsweise der Fließmittel sowie die Hydratation des verwendeten Zementes. Im Ergebnis liefert die vorliegende Arbeit einen Beitrag dazu, Veränderungen der Fließfähigkeit von Zementleim in Abhängigkeit der Zementhydratation und der Fließmittelzugabe besser zu verstehen. – Fließmittel verändern nicht nur die Verarbeitungseigenschaften sondern auch die Festigkeit und Dauerhaftigkeit von Zementleim und Beton. Im dritten Teil der vorliegenden Arbeit wird daher der Einfluss der Fließmittel und deren verflüssigender Wirkung auf die Festigkeitsent-wicklung von Zementstein und C3S untersucht. – Im ersten Kapitel der Arbeit wurde gezeigt, dass in Zementen mit mittleren bis hohen Alkaligehalten die Fließfähigkeit von Zementleim und Beton durch die Bildung von Syngenitkristallen vermindert wird. Für den untersuchten CEM I 52.5 R wurde belegt, dass bei einem Wasserzementwert von 0.39 die Bildung von 1 M.- % Syngenit einen signifikanten Fließverlust zur Folge hat. – Ein häufig aus der Baupraxis berichteter Effekt ist, dass die Fließfähigkeit von Betonen durch intensives Mischen verbessert wird. Ergebnisse rasterelektronenmikroskopischer Unter-suchungen dokumentieren, dass die Erhöhung einer anfänglich geringen Fließfähigkeit durch die Ausbildung einer Vorzugsorientierung der langprismatischen Syngenitkristalle hervorgerufen wird. Der gleiche Effekt tritt bei sekundärer Gipsbildung ein. – Im zweiten Kapitel der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass die spezifische Wechselwirkung zwischen Fließmittel, Abbinderegler und den aluminatischen Klinkerphasen die Zementhydratation am Beginn nachhaltig verändern kann. Der Mechanismus dieser so genannten Zement-Fließmittel-Inkompatibilität wurde aufgezeigt. Im konkreten Fall handelt es sich um eine Inkompatibilität, die sich dadurch auszeichnet, dass eine anfänglich gute Verflüssigung innerhalb weniger Minuten der Hydratation plötzlich nachlässt. Dieser Effekt wird oft bei der Verwendung von Fließmitteln auf Polycarboxylat-Basis beschrieben. – Ergebnisse der Wärmeleitungskalorimetrie und Analyse der Zementleimporenlösung zeigen, dass die Löslichkeit des Abbindereglers (Kalziumsulfat-Halbhydrat) in Gegenwart von Polycarboxylat-Fließmitteln vermindert wird, und dass infolgedessen die C3A-Hydratation nicht mehr ausreichend reguliert wird. Im Ergebnis sind im Zementleimmikrogefüge langprismatischer Ettringit und ein erhöhter Hydratationsgrad des C3A beobachtet worden. Langprismatischer Ettringit koexistiert bei geringem Angebot an Kalzium- und Sulfationen häufig mit AFm-Phasen. Das Auftreten von langprismatischem Ettringit allein ist daher ein erstes Indiz für einen zu geringen Gehalt an Abbinderegler im Zement. – Durch diese Erweiterung des Kenntnisstandes zum Einfluss von Fließmitteln auf die Zementhydratation ist es möglich, einer Zement-Fließmittel-Inkompatibilität durch gezielte Auswahl des Zementes vorzubeugen. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass der Zement ein ausgewogenes Verhältnis an zur Reaktion zur Verfügung stehendem C3A und Menge / Löslichkeit des Abbindereglers besitzt. – Durch die Anwendung von Fließmitteln wird nicht nur die Verarbeitbarkeit sondern auch die Festigkeit und Dauerhaftigkeit von Beton verbessert. Ergebnisse im dritten Kapitel der vorliegenden Arbeit dokumentieren, dass die durch Fließmittel hervorgerufene Dispergierung der Zementleimstruktur auch das Mikrogefüge des erhärteten Zementsteins und damit die Festigkeitsentwicklung beeinflusst. – Durch Sedimentationstests wurde gezeigt, dass durch Fließmittel die Kompaktion und damit die Partikelpackungsdichte des Zementleimes erhöht werden. Besonders hohe Verdichtung wurde mit Polycarboxylat-Fließmitteln erzielt. Die Ursache hierfür ist die dispergierende Wirkung der Fließmittel. Das Wasserangebot bei diesem Sedimentationstest war für alle Zementleime gleich. Daraus kann gefolgert werden, dass auch bei hohem Wasserangebot in Gegenwart von Fließmitteln eine Verdichtung erzielt werden kann. Diese Verdichtung wird in erster Linie durch die Verdrängung von Luftporen erzielt. Dies setzt voraus, dass die Fließmittel eine entschäumende Wirkung besitzen. – Druckfestigkeitsmessungen an Zementleimprismen haben die These belegt, dass durch die dispergierende Wirkung der Fließmittel auch bei konstantem Wasserzementwert die Festigkeit erhöht werden kann. Vergleichende Bestimmung des Hydratationsgrades (mittels 29Si MAS NMR Spektroskopie) und der Druckfestigkeit der Zementleime zeigen, dass bei der Verwendung moderner Fließmittel ohne Reduktion des Wasserzementwertes und bei geringem Hydratationsgrad eine Festigkeitssteigerung erzielt werden kann. Grund hierfür ist die oben genannte Erhöhung der Partikelpackung im Suspensionszustand. – Mikrostrukturelle (SEM) Untersuchungen dokumentieren, dass die Verzögerung der Haupthydratation der C3S-Pasten mit einem zeitlich verzögerten Auftreten der spitznadeligen C-S-H Phasen (Outer product = Op-C-S-H) korreliert. Weiterhin konnte belegt werden, dass das Erstarren der Zementleime (Vicat-Nadel-Test) auch in Gegenwart von Fließmitteln mit dem Beginn der Haupthydratation (Hauptwärmefreisetzung) einsetzt. Diese Erkenntnisse verifizieren die These von Stark et al., dass das Verzahnen der spitznadeligen C-S-H Phasen Vorraussetzung für das normgerechte Erstarren von Portlandzement ist. – Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Ausbildung der festigkeitsbildenden Hydratphasen (C-S-H Phasen) durch Fließmittel spezifisch beeinflusst wird. In Anwesenheit von Polycarboxylat-Fließmitteln wird dabei ein höherer Anteil an dichten inneren (Ip-) C-S-H Phasen gebildet. Wogegen ohne Fließmittelzugabe und in Gegenwart des SNF-Fließmittels der Anteil an spitznadeligen Op-C-S-H Phasen höher ist. Die Dominanz der Ip-C-S-H Phasen verändert die mechanischen Eigenschaften des Zementsteins: es wird eine deutliche Festigkeitssteigerung erzielt. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass für diese Festigkeitssteigerung kein erhöhter Hydratationsgrad nötig ist. Diese Tatsache und der höhere Elastizitätsmodul der Ip-C-S-H Phasen (Constantinides & Ulm ) sind der Grund für die Festigkeitssteigerung in Gegenwart von Fließmitteln. –
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beton 6/2007 ab Seite 270
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bis beton 4/2022: Verlag Bau+Technik GmbH
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