Zement-Fließmittel: Wechselwirkungen bei unterschiedlichen Temperaturen
Abgeschlossene Promotion
Griesser, Andreas
Eidgenössische Technische Hochschule – Institut für Baustoffe, Werkstoffchemie und Korrosion – ETH Hönggerberg – CH-8093 Zürich – Referent: Prof. Dr. H. Böhni – Co-Referent: Prof. Dr. H. Hofmann – Co-Referent: Dr. F. Hunkeler – Termin der mündlichen Prüfung: 23. September 2002 – Heutzutage verwendet man verschiedene chemische Zusatzmittel, welche gewollt oder ungewollt den Hydratationsprozess beeinflussen. In dieser Arbeit wurde das rheologische Verhalten (d.h. das Fließverhalten) von drei Fließmittelwirkstoffen (FM: Polymelaminsulfonat, Polynaphthalensulfonat, Polyacrylat) in Kombination mit einer Zementart (CEM I 42,5) aus verschiedenen Zementwerken aus der Schweiz eingehend untersucht. Ziel war es, die Wechselwirkungen zwischen Zement und Fließmittel zu bestimmen, sowie die wichtigsten Parameter zu ermitteln, die das rheologische Verhalten während der ersten zwei Stunden beeinflussen. Während dieser Zeit wird Beton üblicherweise hergestellt und verarbeitet. Die rheologischen Untersuchungen an Zementleim, Mörtel und Beton wurden durch Röntgendiffraktometrie (XRD), Porenwasseranalysen, Hydratationswärmemessungen und DSC-Messungen (Differential Scanning Calorimetry) ergänzt. – Als Parameter wurden folgende Kenngrößen betrachtet: – o Gehalt an C3A (1.5 bis 12 M.-%, bestimmt mit der Quantitativen Röntgendiffraktometrie QXRD) – o Gehalt an wasserlöslichen Alkalien (Na+ , K+, Natriumoxidäquivalent Na2O-eqsol). Der Einfluss unterschiedlicher Alkaligehalte im selben Zement wurde auch durch Zugabe von Na2SO4 zum Anmachwasser simuliert. – o FM-Art und -Dosierung – o Mörtel- bzw. Zementleimtemperatur – o w/z-Wert – Die Porenwasseranalysen haben gezeigt, dass die Menge an adsorbiertem und eingebautem FM stark vom Aluminatgehalt eines Zements abhängt. Diese Mengen sind bei gleicher FM-Konzentration bei den drei untersuchten FM unterschiedlich. Eine Zugabe von Na2SO4 zum Anmachwasser erhöhte den Anteil an FM, welcher im Porenwasser verbleibt, d.h. welcher nicht adsorbiert oder eingebaut wurde. – Es hat sich gezeigt, dass wasserlösliche Alkalien in den ersten 30 Minuten bei einem w/z-Wert von 0,35 bzw. 0,50, zu mindestens 50 % bzw. 66 % aufgelöst werden. Dies bestätigt, dass wasserlösliche Alkalien, nebst dem zugemahlenen Gipsstein, besonders bei niedrigen w/z-Werten sehr wichtige Sulfatlieferanten sind. – Die rheologischen Untersuchungen an Zementleim und Mörtel wurden bei konstanten Temperaturen (8, 20, 30°C) mit einem Rotationsviskometer durchgeführt. Dabei verhielten sich die Zementsuspensionen im untersuchten Drehmomentbereich wie Bingham-Flüssigkeiten. Von den drei untersuchten Parametern (relativer Fließwiderstand, relativer Viskositätskoeffizient und Ansteifen) erwies sich der relative Fließwiderstand als die Kenngröße, mit der die Betonkonsistenz am besten vorhergesagt werden konnte. Ohne FM zu verwenden, ergab sich für die 10 untersuchten Zemente ein linearer Zusammenhang zwischen dem relativen Fließwiderstand und dem Produkt aus Aluminat und Zementmahlfeinheit (r2 = 0,65). – Mit steigendem FM-Gehalt sank der Fließwiderstand, wobei die verflüssigende Wirkung beim Polyacrylat besonders ausgeprägt ist. – Generell kann davon ausgegangen werden, dass der relative Fließwiderstand eines Zement-FM-Temperatur-Systems bei einer bestimmten, optimalen Konzentration an Na2SO4 einen minimalen Wert aufweist, woraus eine parabelförmige Kurve (Fließwiderstand gegenüber Na2SO4-Zudosierung) resultiert. Bei höherer oder tieferer Konzentration ist der Na2SO4-Gehalt bezüglich des relativen Fließwiderstandes nicht optimiert (Konzept der Na2SO4-Über- und Unterdosierung). Der optimale Gehalt an Na2SO4 kann sich in Abhängigkeit von FM, Mörteltemperatur und Zement beträchtlich verschieben. Wie in der Literatur beobachtet, kann es vorkommen, dass mit steigendem Gehalt an Na2SO4 nur der aufsteigende Ast der parabelförmigen Kurve gemessen wird. – Der Einfluss des Na2SO4-Gehaltes auf den relativen Fließwiderstand konnte anhand eines FM-Adsorptionsmodells erklärt werden. Dabei wird die Fließfähigkeit von dem an der Zementoberfläche haftenden FM-Anteil bestimmt. Dieser Anteil wird vom Aluminatgehalt des Zementes, von den in den Zementhydratationsprodukten eingebauten FM-Molekülen und vom Sulfationengehalt in der Porenlösung maßgeblich beeinflusst. Der Einfluss der Temperatur auf FM-enthaltende Mörtel ist sehr variabel und nicht vergleichbar mit Systemen ohne FM. – Konsequenzen für Zement- – und Betonhersteller – Da Fließmittel aktiv den Hydratationsprozess von Zement beeinflussen, sollten Zementhersteller kritische Parameter wie Aluminatgehalt und Sulfatquellen (Gipsmenge und Gipsart, wasserlösliche Alkalisulfate) kontinuierlich überprüfen. Wichtig ist, dass diese Parameter über einen längeren Zeitraum konstant bleiben. – Betonhersteller sollten die temperaturbedingte Variabilität der Fließfähigkeit ihrer Betone prüfen, um bei Temperaturänderungen angemessen darauf reagieren zu können. Dies kann im Kleinmaßstab an Mörteln oder "eins zu eins" an Betonen erfolgen. – Der mit dem Rotationsviskometer erhaltene Parameter Fließwiderstand korreliert gut mit den praxisüblichen Parametern Ausbreitmaß. Es hat sich gezeigt, dass bei einer Reduktion des Fließwiderstandes um 40 Nmm das Ausbreitmaß um ca. 10 cm zunimmt. Solche Veränderungen sind bei unterschiedlichen Mörteltemperaturen durchaus möglich. Bei praxisüblichen Frischbetontemperaturen von 10 °C bis 30 °C können somit je nach Fließmittel-Zementkombination Änderungen im Ausbreitmaß von bis zu 10 cm oder eventuell noch mehr erwartet werden. – Kontakt: Andreas Griesser – Tel.: (0041) 62 88 / 7 73 27 – E-Mail:griesser@tfb.ch – www.tfb.ch – Download der Dissertation unter www.nebis.ch
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beton 1.2/2005 ab Seite 44
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