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Bruchmechanisches Verhalten jungen Betons
Laser-Speckle-Interferometrie und Modellierung der Rissprozesszone
Hariri, Karim
Die Bruchmechanik ist die Kontinuumsmechanik fehler-/rissbehafteter Körper. Versu-che beweisen, dass Beton unter Zug- oder Biegezugbeanspruchung kein ideal-spröder, sondern ein quasi-spröder Stoff ist. Bei zentrischer Zugbeanspruchung eines beidseitig gekerbten Betonprismas - Kerbe zur Risslokalisierung - wird im verfor-mungskontrollierten Versuch nach dem Erreichen der Maximalspannung eine allmäh-liche Entfestigung beobachtet. Entsprechende Beobachtungen werden auch beim ge-kerbten Biegebalken gemacht. Die Ursachen für die Entfestigung (strain softening) sind in der Heterogenität des Betongefüges zu suchen. Das Fortschreiten eines Ma-krorisses durch die Zementsteinmatrix wird an Zuschlagkörnern und Defekten blok-kiert. Dabei wird ein Teil der elastischen Energie in Verlustenergie verwandelt (plastic fracturing). Versuche zeigen, dass der Zugbruch von Beton, im Gegensatz zur Vor-stellung der Linear-Elastischen Bruchmechanik (LEBM), nicht mit einem diskreten Einzelriss, sondern mit einer Rissprozesszone (RPZ) zu verknüpfen ist. Diese muss man sich als ein von Mikrorissen durchsetztes Betonvolumen vorstellen. über die Ausdehnung des Betonvolumens gibt es erst vage Vorstellungen. Bazant & Oh und Iványi geben als Breite der RPZ den zwei- bis dreifachen Größtkorndurchmesser an. Der experimentelle Beweis hierzu fehlt bislang, obgleich die Größe der RPZ für die Werkstoffmodellierung und die diskretisierte Rissbruchmechanik eine Schlüsselrolle spielt. – Hier setzt die Arbeit an: Mittels experimenteller Untersuchungen an Kerbzugkörpern und an gekerbten Biegebalken unterschiedlicher Betonzusammensetzung und variie-render Probengröße wird die Ausdehnung der Rissprozesszone von jungem Beton in Abhängigkeit vom Betonalter ermittelt. Die Vermessung der RPZ gelingt durch den Einsatz einer hochauflösenden, berührungslosen, rückwirkungsfreien optischen Messtechnik: die elektronische Speckle Muster Interferometrie, ESPI. Die experimen-tellen Ergebnisse bilden die Basis für eine Modellierung der RPZ-Ausdehnung in Ab-hängigkeit von den Versuchsparametern. Die Verifizierung erfolgt am Biegebalken mit einem Lamellenmodell. – Im ersten Teil der Arbeit wird zunächst ein Überblick über die Grundzüge der Bruchmechanik gegeben. Anschließend wird der Stand des Wissens der Beton-bruchmechanik und das bisherige Vorgehen zur Beschreibung der RPZ zugbean-spruchten Betons vorgestellt. Speziell wird der Kenntnisstand zur experimentellen Er-fassung der räumlichen Ausdehnung der RPZ beschrieben. – Die Ziele, das Vorgehen und die experimentelle Ausstattung der eigenen Versuche zur Erfassung der mechanischen Eigenschaften und der räumlichen Ausdehnung der RPZ jungen Betons an zentrischen Kerbzugkörpern sowie an gekerbten Biegebalken werden vorgestellt. Hier wird neben der Zusammensetzung der untersuchten Betone auf die optische Messtechnik zur zerstörungsfreien Erfassung der Dehnungsverteilung zug- bzw. biegezugbeanspruchter Bauteile eingegangen. – Die erzielten Ergebnisse zur Zugspannungs-Dehnungslinie im jungen Alter, insbeson-dere zur gemessenen Zugfestigkeit und zur Zug- sowie Biegezugbruchdehnung wer-den anschließend vorgestellt. Desweiteren wird auf die Bruchenergie, den gemesse-nen Zugelastizitätsmodul, die Bruchzähigkeit im Modus I, die charakteristischen Länge und auf die experimentell erfasste räumliche Ausdehnung der RPZ eingegangen. Mo-delle werden abgeleitet und anhand von Versuchsergebnissen kalibriert. Die numeri-sche Verifizierung dieser Modelle erfolgt am Biegebalken mit einem Lamellenmodell. Dort werden neben der errechneten Spannung-Verformungslinie auch die Span-nungsverteilungen entlang des Ligaments rechnerisch untersucht. Die Streuung der Betonkennwerte wird in einem stochastischen Ansatz zur Beschreibung der Ein-gangswerte berücksichtigt. – Ausblickend werden die erzielten Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst und Empfehlungen hinsichtlich der Berücksichtigung der räumlichen Ausdehnung der RPZ bei numerischen Untersuchungen gegeben. Bzgl. der numerischen Modellierung bie-gezug- bzw. zugbeanspruchten Betons wird auf offene Probleme hingewiesen. –
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beton 8/2000 ab Seite 456
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bis beton 4/2022: Verlag Bau+Technik GmbH
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