Vorgespannte Stützen aus Schleuderbeton
Blickfang: 21 m Höhe und 50 cm Durchmesser
NN
Im Zusammenspiel einer ganzheitlichen Planung entsteht in Düsseldorf-Golzheim das "Haus der Ärzteschaft". Die in Düsseldorf verstreut ansässigen Organisationen der Ärzteschaft beziehen demnächst ein gemeinsames Haus: Individualität innerhalb einer Gemeinschaft lautete der planerische Anspruch. Umgesetzt wurde er durch RKW Rhode Kellermann Wawrowsky, Büro für Architektur und Städtebau, Düsseldorf. Der kontrastreiche Bau zeichnet sich durch klare Geometrien, filigrane Glaskonstruktionen und durch besonders schlanke Betonstützen in Sichtbetonqualität aus. – Das Äußere des Gebäudes wirkt durch seine einfache und klare Geometrie ordnend auf sein Umfeld. Die starke Gliederung der Baukörper und ihre Komposition in kontrastreiche geöffnete und geschlossene Teile eröffnen einen Dialog mit dem städtebaulichen Umfeld. Die Höhenstaffelungen der oberen Gebäudekanten sind in fließender Bewegung, die durch das zusammenfassende Glasdach als Gesamtbild betont wird. Zu den Eingängen der Tersteegenstraße und der Wilhelm-Bötzkes-Straße ist der Außenraum großzügig in das Gebäudeinnere integriert. Die gläserne Verbindung der Baukörper untereinander führt zu offenen Übergängen des Hauses zwischen innen und außen. – Das Thema Einheit in Vielfalt wird durch die sämtliche Baukörper umschließende Halle sinnbildlich. Diese Haupthalle dient als großzügiger Kommunikationsbereich, in dem die gemeinschaftlich genutzten Funktionsbereiche wie Casino, Saal, Cafe-Bar, Lounge und Empfang zum Teil in frei eingestellten Baukörpern untergebracht sind. Die vier L-förmigen Gebäudekörper sind vorwiegend mit Büronutzung versehen, ergänzt durch einen Akademiebereich. Bis auf einen Winkel durchdringen die Gebäudekörper die fünfgeschossige Halle mit insgesamt bis zu acht oberirdischen Geschossen. – Um den Kontrast von massiven Baukörpern und transparenter Glashalle zu unter streichen, unterscheidet sich das Hallendach auch konstruktiv von ihnen: Es wird von frei im Raum stehenden Stützen getragen, die dessen sinnliche Wahrnehmung steigern. – Vorspannung als Lösung – 21 m hohe, vorgespannte Schleuderbetonstützen mit einen Außendurchmesser von nur 5o cm versetzten den Betrachter in Erstaunen. Ohne die Vorspannung, so Oberbauleiter Peer Albrecht von der ABB Bauprojektmanagement, wäre die in solchen Dimensionen besonders knickgefährdeten Stützen nicht rissfrei transportier- und montierbar gewesen. Die Kombination von vorgespannter Längsbewehrung und Schleuderbeton ermöglichte die extrem schlanken Querschnitte und erfüllte zugleich die Anforderungen des Statikers und die Wünsche der Planer. Diese Stützen übertreffen in ihrer Belastbarkeit nach Ansicht der Fachleute herkömmlich gefertigte Fertigteilstützen mit schlaffer Bewehrung. – Produktion der Stützen – Die Stützenproduktion bei der Pfleiderer AG lief folgendermaßen ab: Nach dem Einbau der Bewehrung in die Schalung rotierte zum Verdichten des Betons die röhrenförmige Stahlschalung mit 6oo Umdrehungen pro Minute um ihre Längsachse. Die Radialbeschleunigung presste den Beton gegen die Schalungswand, hohe Druckfestigkeiten bei nur geringen Querschnitten sowie hervorragende Oberflächenbeschaffenheit waren das Ergebnis. Bei der schlanksten statisch belastbaren Ärztehaus-Stütze misst der Durchmesser gerade einmal 30 cm. – 3 500 m3 Transportbeton – Innerhalb einer Liefergemeinschaft unter Regie, der Readymix Beton Rhein-Ruhr wurden 3 5000 m3 Transportbeton eingebaut, wobei die Hauptsorten aus B 35 KR mit Hochofenzementen bestanden. Wegen der engen Bebauung und der Struktur der Baustelle mussten fast Dreiviertel der Gesamtbetonmenge gepumpt werden. Vertriebsberater Alexander Teichmann: "Einen anspruchsvollen Part bildeten Produktion und Einbau von B 95 Beton unter Zusatz von Mikrosilika beim Erstellen verschiedener Säulen." – 90 Firmen und bis zu 4oo Mitarbeiter waren in der intensivsten Bauphase hier beschäftigt. Oberbauleiter Peer Albrecht: "Im Laufe der Baumaßnahme musste die Philipp Holzmann AG als bauausführendes Unternehmen Insolvenz anmelden. In sehr guter Kooperation mit dem Bauherren und den weiteren am Bau beteiligten Firmen gelang es aber der ABB Bauprojektmanagement als nun federführendes Unternehmen, das gewaltige Projekt ohne Baustillstand fertigzustellen, so dass es planmäßig Anfang September 2003 dem Bauherrn übergeben werden kann." – Klimazonen und – Betonkerntemperierung – Mit einem ganz besonderen Klima wird sich das Haus der Ärzteschaft beim Einzug der ersten Mieter präsentieren: Den verschiedenen Hallenbereichen sind aufgrund ihrer Funktionen unterschiedliche klimatische Bedingungen zugeordnet. Die beiden kleineren Hallen sind als großzügige Foyerzonen und Eingangsbereiche gestaltet. Sie sind nicht klimatisiert und werden lediglich frostfrei gehalten. Im Winter werden die Vorhallen als Orangerie für Mittelmeerpflanzen genutzt. In der Haupthalle, in der ein großer Teil der gemeinsamen Sondernutzungen untergebracht ist, wird durch natürliche Be- und Entlüftung in Verbindung mit Sonnenschutzmaßnahmen ein angenehmer Temperaturbereich entstehen, der es gestattet, den Zwischenraum ganzjährig zu nutzen. Die Büroräume selbst sind mit einer unterstützenden Lüftung und einer Betonkerntemperierung ausgestattet. Dieses Zusammenspiel von Heizen, Lüften und Kühlen wird als sanfte Haustechnik bezeichnet. Bis zum Einzugstermin soll auch das Grünraumkonzept umgesetzt sein, das mit Themengärten, Hecken und Wasserbecken das Entwurfskonzept unterstützt. –
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beton 7.8/2003 ab Seite 385
Herausgeber des Artikels:
beton
bis beton 4/2022: Verlag Bau+Technik GmbH
ab beton 5/2022: Concrete Content UG
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