Dauerhaftigkeit steht im Vordergrund
Textilbeton
NN
Der Verbundwerkstoff Textilbeton ermöglicht die Herstellung dünnwandiger Konstruktionen. Die zur Aufnahme der Zugkräfte erforderliche Bewehrung besteht aus Technischen Textilien, die aufgrund der Korrosionsbeständigkeit oberflächennah angeordnet werden können. – Die für den neuen Verbundwerkstoff Textilbeton fehlenden wissenschaftlichen Grundlagen werden zurzeit in zwei Sonderforschungsbereichen (SFB) der Deutschen Forschungsgemeinschaft untersucht: dem SFB 528 an der TU Dresden und dem SFB 532 an der RWTH Aachen. – Auf dem ersten gemeinsamen Symposium der beiden Sonderforschungsbereiche 528 und 532 am 15. und 16.2.2001 an der RWTH Aachen, an dem rund 170 Personen teilnahmen, stellten Mitarbeiter der beiden SFBs sowie Wissenschaftler anderer Forschungseinrichtungen und Vertreter aus der Baupraxis ihre Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Gebiet des textilbewehrten Betons vor. – In 29 Fachvorträgen wurde über die Auswahl und Modifizierung von Fasermaterialien, die Herstellung von Textilien, die Entwicklung von Feinbetonen, das Verbundverhalten von Filamenten, Garnen und Textilien, die Dauerhaftigkeit sowie über erste Anwendungen aus der Baupraxis berichtet. – Dauerhaftigkeit von Garnen – Zum Themenschwerpunkt "Textile Bewehrung" wurden erste Ergebnisse aus dem SFB 532 zur Dauerhaftigkeit von Garnen vorgestellt. Danach führen basische Belastungen zur Zerstörung der E-Glas-Proben und reduzieren auch bei AR-Glas die maximale Kraftaufnahme, während bei Carbon-Fasern kein signifikanter Einfluss ermittelt wurde. Durch eine plasmagestützte Oberflächenmodifizierung können die Oberflächenbenetzbarkeit und die Verbundeigenschaften gezielt verbessert werden. Aus dem Einsatz von Naturfasern zur Verstärkung von Werkstoffen im Automobilbau lässt sich ableiten, dass neben der Festigkeit auch Eigenschaften wie z.B. Steifigkeit zur Beurteilung der Eignung einer Faser als Verstärkungsmaterial herangezogen werden müssen. – In mehreren Vorträgen wurde die Garn- und Textilentwicklung behandelt. Die Entwicklung von Garnen (cablierte Garne, Friktionsspinngarne) im SFB 532 hat zu besseren Verbundeigenschaften in der Feinbetonmatrix und zu einer erhöhten Formstabilität im Textil geführt. Die Entwicklung dreidimensionaler Textilien ermöglicht die exakte Positionierung der Bewehrung in den zugbeanspruchten Bauteilbereichen. Zur mechanischen Charakterisierung werden neben dem Spannungs-Dehnungsverhalten auch die Filamentschädigungen aus dem Herstellprozess und das Reibungsverhalten zwischen Filament und Beton untersucht. Die Schwerpunkte der Untersuchungen des SFB 528 liegen in der Charakterisierung der Faserstoffe sowie in der Entwicklung und Fertigung der textilen Bewehrungsstrukturen zur Verstärkung. – – Bauteile aus Beton – Das Themengebiet "Bauteile aus Beton" wurde von beiden SFBs und externen Vortragenden behandelt. Nach Parameterstudien zur Zug- und Biegetragfähigkeit textilbewehrter Bauteile haben die Querschnittsform der Rovings, die Beschichtung sowie die Faserorientierung einen großen Einfluss auf die Tragfähigkeit. Auf Basis der Ergebnisse wurde ein erster Bemessungsansatz zur Bestimmung der Tragfähigkeit abgeleitet. – Verbundverhalten der textilen Bewehrung – Bei den Beiträgen zum "Beton und Verbund" standen die Aspekte Dauerhaftigkeit des Verbundwerkstoffs, Verarbeitbarkeit des Feinbetons, Herstellprozess sowie Festbetonkennwerte im Vordergrund. – Insbesondere das Verbundverhalten der textilen Bewehrungen im Feinbeton war Gegenstand zahlreicher Vorträge. Dabei wurden die Ursachen der Streuungen in den ermittelten Kraft-Verschiebungsverläufen beschrieben und die verschiedenen Versagensmechanismen im Verbundverhalten von im Beton eingebetteten Garnen verdeutlicht. Zur Beschreibung des Verhaltens der Kontaktzone zwischen Glasfaser und Feinbeton wurden erste Modelle vorgestellt. – Die Ergebnisse an zentrischen Dehnkörpern haben ergeben, dass zwischen dem inneren und äußeren Verbund der Rovings deutliche Unterschiede bestehen und diese einen erheblichen Einfluss auf die Anwendbarkeit in der Praxis haben. – Einen Untersuchungsschwerpunkt im SFB 528 bildet die Verbundfuge zwischen Altbeton und einer Verstärkung aus Textilbeton. Haftzug- und Schubversuche an mit einer textilbewehrten Feinbetonschicht verstärkten Betonkörpern haben gezeigt, dass die Versagensform von der Struktur der textilen Bewehrung abhängt. – Der Verbund zwischen Matrix und Textil stellt in der Regel das schwächste Glied in der Verbundkette dar. Eine neue oberflächenorientierte Schalentheorie ermöglicht die Abbildung der im Interface zwischen Alt- und Neukonstruktion auftretenden Spannungen. – Am Beispiel von Stahlbetonplatten konnte gezeigt werden, dass mit einer textilen Verstärkung sowohl die Bruchlast gesteigert als auch das Verhalten unter Gebrauchslast deutlich verbessert werden kann. Zur numerischen Simulation textilverstärkter Bauteile wurde ein Modell vorgestellt, das Aussagen sowohl zum globalen Systemversagen als auch zu lokalen Effekten liefern soll. – Eine textile Oberflächenbewehrung wirkt sich bei Stahlbetonbauteilen günstig auf die Rissverteilung und die Rissbreite aus. In einem weiteren Beitrag wurde gezeigt, dass eine Vorspannung der textilen Bewehrung in dünnen Platten aus Textilbeton die Rissspannung erhöht und sich die Steifigkeit des Elements bis zum Bruch gegenüber einem schlaff bewehrten Element vergrößert. – Sicherheitskonzepte und Messtechnik – Weitere Vorträge behandelten die Themen Dauerhaftigkeit, Sicherheitskonzepte und Messtechnik. Zur Beurteilung der Dauerhaftigkeit von Glasfilamenten im Beton ist zwischen der Veränderung der Zugfestigkeit des Garnes im Feinbeton und der Veränderung des Verbunds zu unterscheiden. Zur Untersuchung dieser Veränderungen im System Garn/Feinbeton infolge klimatischer Beanspruchung wurden Prüfverfahren vorgestellt. Die Beurteilung des Sicherheitsniveaus textilverstärkter Bauteile erfordert geeignete Sicherheitskonzepte. Ein Ansatz ist hier die Integration von Fuzzy-Zufallsgrößen und Fuzzy-Mengen zur Beschreibung der Unschärfe. Zur Messung der Dehnungszustände im Bauteil wird neben der Fasersensorik ein neu entwickeltes digitales photogrammetrisches Verfahren verwendet, das eine flächenhafte Erfassung von zwei- und dreidimensionalen Verschiebungs- und Dehnungsfeldern von Probekörpern ermöglicht. Der für die interdisziplinäre Zusammenarbeit in einem Sonderforschungsbereich erforderliche Informationsaustausch wird im SFB 532 durch ein neu entwickeltes, objektorientiertes, internetbasiertes Datenbankmanagementsystem unterstützt, das eine aktuelle Präsentation des Stands der Forschung im Internet erlaubt. – Neben diesen überwiegend wissenschaftlichen Vorträgen wurden auch erste Anwendungen aus der Praxis vorgestellt. Für das Pilotprojekt Heiligenbrücke in Leipzig wurden beispielsweise Halbfertigteile entwickelt, die mittels Kohlefaserlamellen vorgespannt werden. Bei Einsatz einer textilen Bewehrung für Bimsbetonwandelemente ergaben sich im Vergleich zu stahlbewehrten Elemente hohe Tragreserven – Das Symposium hat gezeigt, dass Textilbewehrter Beton als leistungsfähiger innovativer Verbundwerkstoff am Anfang seiner Entwicklung steht. Die Erschließung anspruchsvoller und neuartiger Anwendungsfelder erfordert weitere wissenschaftlichen Untersuchungen. Das nächste Fachkolloquium Textilbeton soll im Frühjahr 2002 in Dresden stattfinden –
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beton 4/2001 ab Seite 212
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bis beton 4/2022: Verlag Bau+Technik GmbH
ab beton 5/2022: Concrete Content UG
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