Plädoyer für aktive Rohstoffpolitik
Forum Kies + Sand 2001 Die Branche hat die Talsohle noch nicht durchschritten
Weber, Robert
Am 23. und 24. Januar traf sich in der Kaiserstadt Aachen die Kies- und Sandindustrie. Die Ausrichtung des Forums Kies + Sand 2001 oblag erstmals allein dem Bundesverband (BKS). Er änderte das Veranstaltungskonzept dahin gehend, dass nach der Eröffnung nunmehr in zwei parallel laufenden Blöcken das breite Fachthemen-Spektrum behandelt wurde. Die Aufteilung der Vorträge, die je nach Interessenlage eine individuelle Themenwahl ermöglichte, fand die Zustimmung der rd. 800 Teilnehmer. Mehr als 100 Firmen der zuliefernden Maschinenindustrie zeigten beim Aachener Bautreff Weiterentwicklungen und Neuerungen. – Mit 400$Mio.$t pro Jahr – Nr.$1 der Baustoffe – In der Eröffnung des Forums wies Michael Schulz, der Vorsitzende des Bundesverbands, darauf hin, dass der mittelständische, von Familienunternehmen geprägte Wirtschaftszweig, mit rd. 400$Mio.$t gewonnenem Kies und Sand pro Jahr der mit Abstand größte Rohstofflieferant für die Bauindustrie sei. Mit einem Produktionsrückgang im vergangenen Jahr von 5$% bis 6$% sei die Talsohle noch nicht durchschritten. Für das Jahr 2001 rechne die Branche mit ihren etwa 3$500 Betrieben und etwa 30$000 Beschäftigten mit einem weiteren Produktionsrückgang von 2$% bis 3$%. – Trotz dieser Rückgänge gäbe es vielfältigen Baubedarf z.B. durch veränderte Lebensverhältnisse, die kleinere Wohneinheiten verlangen. Aber auch durch den Übergang von der Produktions- zur Dienstleistungsgesellschaft, die neue Büroräume benötigt. Oder durch die Entwicklung neuer Techniken, etwa im Umweltschutz oder im Verkehrswesen, die jeweils einen hohen Einsatz von Beton erfordern. Es sei an der Zeit, dass der Staat die richtigen Weichen stelle und Rahmenbedingungen zur Ankurbelung der Baukonjunktur schaffe. Einen Hoffnungsschimmer sieht die Kies- und Sandindustrie in der von Berlin geplanten neuen Initiative für preiswertes und ökologisches Bauen und der Verbesserung des Verkehrswegebaus. – Erhebliche Sorgen bereiten der Branche die verstärkt spürbaren Restriktionen im Spannungsfeld zwischen Rohstoffgewinnung sowie Natur- und Landschaftsschutz. Etwa 7$% bis 8$% der Bundesfläche sollen nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie), die die Europäische Union erlassen hat, künftig neu unter Schutz gestellt und für die Mineralgewinnung nicht zugelassen werden. Eine aktive Rohstoffpolitik beinhaltet nach Auffassung des Verbandsvorsitzenden die effiziente Nutzung von Flächen durch Mehrfachnutzung, die qualifizierte Erkundung von Rohstofflagerstätten sowie die optimierte Gewinnungs- und Aufbereitungstechnik. – DIHT-Präsident warnt vor "Ökolyrik" – Auf große Resonanz stieß auch der Festvortrag von Hans Peter Stihl, zum Zeitpunkt seiner Ausführungen noch Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstags, zu aktuellen Fragen der Wirtschaft. Eine Verbesserung der konjunkturellen Lage der Bauwirtschaft sieht er in einer Umschichtung staatlicher Ausgaben vom konsumtiven auf den investiven Bereich, und zwar unter strikter Fortführung der Haushaltskonsolidierung. Er forderte eine Erhöhung der völlig unzureichenden Mittel für den Straßenbau. – Ähnlich wie Schulz ging auch Stihl vertieft auf Fragen des Abbaus von Rohstoffen ein: Die Unternehmen der Kies- und Sandindustrie erfüllten mit der Bereitstellung von Rohstoffen eine wichtige Leistung für die Volkswirtschaft, würden aber dabei von der Politik oft allein gelassen. Es sei Aufgabe der Politik, verlässliche und kalkulierbare Rahmenbedingungen für die Gewinnung der Bodenschätze festzulegen, um so den Unternehmen der Kies- und Sandindustrie eine klare Perspektive zu geben. Besonders die Umweltpolitik gehe seit vielen Jahren aber einen anderen Weg. Sie erzeuge im Stile der "Ökolyrik" in der Bevölkerung Erwartungen einer heilen Welt, die in der harten Realität so nicht durchzusetzen seien. – Auch Stihl wies darauf hin, dass die Kies- und Sandindustrie durch die FFH-Richtlinie der EU besonders getroffen werde, weil viele Abbaugebiete auch unter Naturschutzgesichtspunkten wertvoll erscheinen aber die vorgesehenen Rekultivierungsleistungen sowie die daraus erwachsenden Chancen für den Naturschutz bei den Entscheidungen keine Berücksichtigung fänden. – Im zweiten Teil seiner Ausführungen ging Stihl auf allgemeine Themen der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts ein. Besonders kritisch setzte er sich mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes auseinander. Die Weichen würden in die falsche Richtung gestellt. Die Änderungen bringe den Unternehmen noch mehr Bürokratie, schränke die notwendige betriebliche Flexibilität ein und bürde den Unternehmen unnütze hohe Kosten auf. Angesichts des wachsenden Konkurrenzdrucks sei diese Politik kontraproduktiv und wirtschaftsfeindlich. – Trends in der Anlagentechnik – Als traditionelle Wurzel der Fachtagung stießen die technischen Vorträge auf großes Interesse. Das Themenspektrum reichte von der Aufbereitung von Rohkies auf Schwimmbaggern über die verbesserte – Lagerstättennutzung im Trockenabbau bis zu Qualitätsverbesserung durch das Abscheiden eisenhaltiger sowie anderer Bestandteile und das optische Verfahren zur Abtrennung von Verunreinigungen. Hierbei können einzelne Körner im laufenden Aufbereitungsprozess anhand ihrer Farbe erkannt und aussortiert werden. Unerwünschte Bestandteile, die möglicherweise die Betonsichtfläche beeinträchtigen, können damit aus dem Kies ausgeschieden werden. – Das Forum wurde durch eine Podiumsdiskussion "Stoppt den Kiesabbau!" mit dem provokanten Untertitel "Sind Kiesabbau und Umweltschutz wirklich unvereinbar?" abgerundet. Vertreter des Naturschutzes und der Industrie nutzen die Gelegenheit, ihre Sicht zur Thematik zu verdeutlichen. – Auch 2002 Branchentreff in Aachen – Rationalisierungsdruck am Bau, steigende Anforderungen an Sicherheit und Dauerhaftigkeit sowie wirtschaftliche Zwänge führen nach Auffassung von Dr.-Ing. Hans Joachim Riechers, Technischer Geschäftsführer des BKS und verantwortlicher Organisator der Tagung, dazu, dass an Kies und Sand immer höhere Anforderungen gestellt werden. Ziel der Aachener Fachtagung wäre deshalb auch in Zukunft, technisch-innovativen Fortschritt für die weiter verfeinerten Gewinnungsweisen zu demonstrieren und zu diskutieren. –
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beton 3/2001 ab Seite 148
Herausgeber des Artikels:
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bis beton 4/2022: Verlag Bau+Technik GmbH
ab beton 5/2022: Concrete Content UG
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