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Untersuchungen zur Verträglichkeit von Polycarboxylaten mit den Hydratationsverzögerern Citrat und Tartrat und zur Wirkung der Caseinfraktionen Alpha-, Beta- und Kappa-Casein im ternären Bindemittelsystem Portlandzement- Tonerdeschmelzzement- Synthetische
Abgeschlossene Promotion
Winter, Christian
Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Johann Plank, München – Technische Universität München – Univ.-Prof. Dr. Johannes Buchner, München – Fakultät für Chemie – Lichtenbergstr.4 – 85747 Garching – Tag der Disputation: 30. April 2007 – Zement-basierte Selbstverlaufsmassen sind ein Musterbeispiel für die in der heutigen Trockenmörteltechnologie eingesetzten komplexen Multikomponentensysteme. Derartige Formulierungen bestehen aus einer für die jeweilige Anwendung optimierten mineralischen Bindemittelmischung und einer Vielzahl von unterschiedlichen bauchemischen Zusatzmitteln. Aus der Praxis ist bekannt, dass die Kombination von Zusatzmitteln unter Umständen zum völligen Wirkungsverlust eines oder mehrerer Zusatzmittel führen kann. Die Ursachen hierfür sind in vielen Fällen weitgehend unklar. Ziel dieser Arbeit war deshalb, in zementären Selbstverlaufsmassen die Verträglichkeit von Zusatzmitteln am Beispiel der Wechselwirkung von Hydratationsverzögerern mit Fliessmitteln zu untersuchen. – Bislang wurde in Selbstverlaufsmassen überwiegend Casein als Fliessmittel verwendet. Nachteile von Casein sind eine mögliche mikrobielle Zersetzung, Förderung von Schimmelbildung sowie Ammoniak-Freisetzung durch alkalische Hydrolyse. Aus diesem Grund werden derzeit Polycarboxylat (PC)-basierte Fliessmittel als Alternative zum Casein geprüft. Im Gegensatz zum Casein zeigen einige dieser hervorragend verflüssigenden Polymere jedoch in Gegenwart des Verzögerers Citrat eine deutlich reduzierte Fliesswirkung. – Um die Ursache für gute bzw. schlechte Verträglichkeit von PC-Fliessmitteln mit Verzögerern zu untersuchen, wurde zunächst die Adsorption der Fliessmittel ohne und in Gegenwart der Verzögerer bestimmt. Es zeigte sich, dass die Fliessmitteladsorption bei Kombination mit Verzögerern generell abnimmt. Insbesondere mit Citrat ist bei den meisten Polycarboxylaten ein deutlicher Rückgang der Adsorption festzustellen, wohingegen die Adsorption des Caseins weniger beeinträchtigt wird. Die Ursache dafür erschliesst sich aus Messungen der anionischen Ladungsmenge und aus vergleichenden Zetapotentialmessungen. Demnach besteht ein direkter Zusammenhang zwischen anionischer Ladungsmenge im Polymer und Citratverträglichkeit. Fliessmittel mit geringer anionischer Ladungsmenge können bei Anwesenheit von Citrat nur noch wenig adsorbieren. Der Verzögerer adsorbiert jedoch immer sehr stark, gleich ob Fliessmittel anwesend ist oder nicht. Ursache ist die im Vergleich zu PC- Molekülen sehr hohe anionische Ladungsmenge der Verzögerer, die in der Zementporenlösung als stark negativ geladene Calciumkomplexe vorliegen. Citrat bildet den Citratkomplex [Ca(citrat)2]4- und Tartrat liegt als [Ca(tartrat)2]2- vor. Diese Befunde bestätigen das Vorliegen einer kompetitiven Adsorption zwischen Verzögerer und Fliessmittel. Das Zusatzmittel mit der höheren Affinität zum Bindemittel adsorbiert stets bevorzugt und hindert das Zusatzmittel mit der geringeren Affinität an dessen Adsorption. – Auf Basis dieser Erkenntnis wurde ein modifiziertes Polycarboxylat mit höherer anionischer Ladungsmenge geprüft. Es zeigt erwartungsgemäss gute Verträglichkeit und Wirksamkeit sowohl mit Citrat als auch mit Tartrat. Somit konnte das Problem der Unverträglichkeit dieser Zusatzmittel gelöst werden. – Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit war die Aufklärung der hervorragenden Verflüssigungswirkung von Casein. Dieses Biopolymer besteht aus einem komplexen Gemisch von teilweise glykosylierten Phosphoproteinen, die als Alpha-, Beta- und Kappa-Casein bezeichnet werden. Im ersten Schritt wurde eine Methode entwickelt, die es ermöglicht, das Proteingemisch im präparativen Massstab aufzutrennen. Mittels auf Anionenaustausch basierender Fast Protein Liquid Chromatography (FPLC) gelang es, die drei Caseinfraktionen im 10 g-Massstab zu isolieren und somit für bauchemische Untersuchungsmethoden zugänglich zu machen. – Es konnte gezeigt werden, dass Alpha-Casein das am stärksten geladene Protein ist. Es besitzt die höchste Anzahl von Phosphatresten und verflüssigt das ternäre Bindemittelsystem am besten. Adsorptionsuntersuchungen zeigen, dass Alpha-Casein wesentlich stärker adsorbiert als die weniger anionischen Beta- und Kappa-Casein- Proteine. Eine besonders hohe anionische Ladungsmenge ist somit Ursache für die überlegene Fliesswirkung des Alpha-Caseins. Bei dem in einer Selbstverlaufsmasse vorliegenden alkalischen Milieu ist zu erwarten, dass sich der micellare Verbund des Caseins auflöst und die einzelnen Proteine freigesetzt werden. Alpha-Casein ist dann die Schlüsselkomponente für die Entfaltung der verflüssigenden Wirkung von Casein. – Eine Verträglichkeit von Zusatzmitteln ist generell nur dann gegeben, wenn die jeweiligen Moleküle vergleichbare anionische Ladungsmengen aufweisen. Werden Zusatzmittel mit stark differierender Ladungsmenge kombiniert, wird das schwächer geladene Molekül an der Adsorption gehindert. Es kann zu einem teilweisen oder vollständigen Wirkungsverlust kommen. Die Befunde sind von grundlegender Bedeutung für den Einsatz von Zusatzmittelkombinationen in Beton oder Trockenmörtel. Darüber hinaus konnte erstmals die eigentliche Wirksubstanz in Casein identifiziert werden. – Kontakt: Dr. Christian Winter – Technische Universität München – Lehrstuhl für Bauchemie – Lichtenbergstr. 4 – 85747 Garching – E-Mail: christian.winter@bauchemie.ch.tum.de –
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beton 11/2007 ab Seite 522
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